Info der SIKO-Prozessgruppe
Im Februar 2008 war die stv. Versammlungsleiterin der Demonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz 2007, nach einem skandalösen Prozess (siehe Bericht auf sicherheitskonferenz.de), in erster Instanz zu einer Geldstrafe – 40 Tagessätze zu je 40 Euro - verurteilt worden.
Am 9. Juli fand nun vor dem Münchner Landgericht der Berufungsprozess gegen Babette statt.
Im Gegensatz zum Verfahren vor dem Amtsgericht äußerte sich die Angeklagte diesmal auch zur Sache. Ihre Anwältin, Angelika Lex, wäre ansonsten wieder nur auf die Aussagen des Polizeizeugen Müller und des gezeigten Polizei-Videos angewiesen gewesen.
Richter Denz machte bereits im Rahmen der Befragung des Zeugen deutlich, dass er eine andere Vorstellung über die Aufgaben einer Versammlungsleitung hat, als der damalige Verbindungsbeamte Müller. So stellte er z.B. die Frage: „Ist der/die Versammlungsleiter_in Vollzugsgehilfe der Polizei?“
Letztendlich war er von Müller's Aussagen nicht überzeugt, der viel zu oft keinen Kontakt zur Versammlungsleiterin hatte und keine konkreten Beweise bezüglich des Vorwurfes, sie hätte sich nicht um die Durchsetzung der Auflagen gekümmert, vorlegen konnte.
Wären sich Verteidigerin und Richter hinsichtlich der Bewertung, ob die Auflagen von 2007 dem Versammlungsrecht entsprechen oder nicht, einig gewesen, hätte es auch zu einem Freispruch kommen können.
Konkret ging es um das Verbot von Seitentransparenten. Laut Richter ist die Versammlungsleiterin für die Durchsetzung des Verbots verantwortlich, auch wenn Urteile existieren (vorgelegt von der Verteidigerin), die diese Auflage als unrechtmäßig bewerten. Juristisch gesehen muss die Unrechtmäßigkeit von Auflagen quasi nach der Demo geklärt bzw. eingeklagt werden und trotzdem während der Demo eingehalten werden.
Da der Richter selbst ja bereits die Frage gestellt hatte, ob Versammlungsleiter/innen Vollzugsgehilfen der Polizei sein sollen, wurde er von der Verteidigerin gefragt, was die Versammlungsleiterin denn nun gegen die Seitentransparente hätte tun sollen, öffentliche Durchsagen wurden schliesslich getätigt. Die Antwort lautete: Die Demo aufzulösen, da man die Auflagen nicht erfüllen kann, also "die Demo nicht im Griff hat".
So unterbreitete Richter Denz den Vorschlag das Verfahren nach §153 (2) einzustellen und räumte der beklagten Seite Zeit zum Beratschlagen ein.
Anwältin, Angeklagte und Einige aus dem Aktionsbündnis kamen gemeinsam zum Beschluss, das Angebot des Richters anzunehmen.
Wieder zurück im Gerichtssaal wurde das Verfahren dann auch formal eingestellt, die Verfahrenskosten trägt die Staatskasse, für die Anwaltskosten muss jedoch die Angeklagte aufkommen. Also, wer ein paar Euro übrig hat sollte spenden, denn sie stand nur stellvertretend für uns alle vor Gericht.
Spendenkonto:
Martin Löwenberg
Kto.-Nr. 28 26 48 02
BLZ: 700 100 80
Postbank München
Kennwort: Prozess SIKO 07
PS: Eine politische Bewertung des Prozesses wird im Rahmen des nächsten Treffens des Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz stattfinden.
die SIKO-Prozessgruppe